Wir wissen aus Erfahrung, dass Blutabnehmen unangenehm ist. Deshalb haben wir fünf einfache Schritte zusammengestellt, die jedes Kind, jeder Elternteil, jede Praxis und jede Klinik umsetzen kann. So kann Blutabnehmen für Kinder leichter werden. Und so geht's...
1. Kommunikation
Die richtigen Worte
Hast du so etwas wie "Es ist nur ein kleiner Pieks" oder "Das tut gar nicht weh" oder "Es ist gleich vorbei" auch schon mal gehört? Ist aber irgendwie Quatsch, oder? Warum sagen Erwachsene sowas? Gibt es da nicht andere Worte, die dir helfen und es dir leichter machen?
Kommunikation auch ohne Worte: Ihr Kind spürt, wie Sie sich fühlen. Zeigen Sie ihrem Kind, dass Sie da sind und es unterstützen, auch wenn Sie selbst möglicherweise keine guten Erfahrungen gemacht haben.
Kommunikation mit Worten: Worte sind das mächtigste Werkzeug über das wir verfügen, schreibt Prof. Dr. Bernhard Lown sehr prägnant. Es gibt Formulierungen, die gut gemeint sind, beim Kind jedoch Ängste schüren und schmerzverstärkend wirken. Durch positive Formulierungen lassen sich Angst, Schmerz und Stress deutlich verringern. So kann aus dem "Achtung jetzt wird es kalt" beim Desinfizieren ganz einfach ein "Jetzt wird es angenehm kühl" werden. Folgende "Floskeln", haben sich im Kontext von Blutentnahmen eingebürgert. Sie lassen sich ganz leicht durch günstigere Redewendungen ersetzen:
1. Verneinungen und Verkleinerungen
Verneinungen und Verkleinerungen wirken nicht. Sie kennen sicher das Beispiel "Denken Sie jetzt bitte NICHT an einen pinken Elefanten" und - plopp - schon malt sich Ihre Phantasie einen pinken Elefanten aus. Worte wie ANGST oder SCHMERZ wirken auf uns besonders stark und versetzen unseren Körper in Alarmbereitschaft. Verzichten Sie darauf so gut es geht.
Gut gemeint :/
Hab keine ANGST!
Es tut gar nicht WEH.
Jetzt kommt ein kleiner STICH.
Das BRENNT jetzt ein bisschen.
Gut gemacht :)
Wie geht's dir? Wo magst du denn sitzen, dass du dich WOHLER fühlst?
Wir sorgen dafür, dass du dich so WOHL fühlst wie möglich.
Wenn du bereit bist, fangen wir an.
Vielleicht KRIBBELT es ein wenig.
2. Unwahrheiten und Beschwichtigungen
Seien Sie so positiv wie möglich ohne zu verharmlosen.
Gut gemeint :/
Es ist GLEICH vorbei.
Es ist doch alles GUT.
Du wirst GAR NICHTS spüren.
Gut gemacht :)
Du hast schon das WICHTIGSTE geschafft.
Du machst das sehr GUT.
Du merkst, dass dort was gemacht wird, aber es kann dir egal sein.
3. Verunsicherungen
VERSUCHEN oder PROBIEREN können Unsicherheit erzeugen. Auch NIE oder IMMER sind ungünstige Worte, denn Sie wirken wie selbst erfüllende Prophezeiungen. Verzichten Sie darauf so gut es geht.
Gut gemeint :/
PROBIER doch mal an was anderes zu denken.
VIELLEICHT hilft das Pflaster ja.
Das hat ja noch NIE geklappt.
Blutabnehmen ist IMMER so schwierig.
Gut gemacht :)
Weißt du noch in den Ferien als du so gelacht hast und wir ...
Dieses Pflaster hat schon ganz vielen Kindern geholfen.
Lass uns neugierig sein, wie gut es heute klappen wird.
Manchmal gibt es Sachen, die waren mal schwierig und dann auf einmal sind sie ganz leicht. Weißt du noch wie du ...
2. Zaubercreme
Die Haut schützen
Durch spezielle Zaubercremes oder Zauberpflaster fühlst du deine Haut an der gecremten Stelle sehr viel weniger. Ziemlich abgefahren...
Lidocainhaltige Cremes und Pflaster wie z.B. EMLA® oder Tapfi® wirken als Hautbetäubungsmittel. In vielen Ländern der Welt sind sie bereits Standard bei Blutentnahmen. Sie ersparen Kindern und Erwachsenen das unangenehme Gefühl beim Eindringen der Nadel unter die Haut. Lidocainhaltige Pflaster können bis zum 12. Lebensjahr kostenfrei rezeptiert werden. Bitte informieren Sie sich bei Ihrem Arzt oder Apotheker über die Anwendung auch bei Ihrem Kind. Das Pflaster bzw. die Creme sollte 45-60 Minuten einwirken und 15 Minuten vor dem Eingriff entfernt werden. Dies sollten Sie beim Arzt oder Krankenhausbesuch vorausschauend einplanen und das Pflaster gegebenenfalls bereits Zuhause aufkleben. Lassen Sie sich gegebenenfalls vorher von ihrem Arzt geeignete Stellen zeigen, an denen Sie die Pflaster kleben können.
3. Nähe
Geborgenheit durch Nähe
Es tut gut Mama oder Papa dabei zu haben - auch beim Blutabnehmen. Wie nah sie bei dir sein sollen, entscheidest du. Lass dir dabei helfen eine gute Position zu finden.
Auch das Stofftier oder die Kuscheldecke dürfen natürlich mitgebracht werden.
Babys (bis 12 Monate)
Babys sollten durch unangenehme Prozeduren von ihren Eltern begleitet werden. Die Ruhe des Elternteils überträgt sich auf das Kind. Hautkontakt ist sehr hilfreich. Stillen Sie ihr Kind oder fragen Sie nach einer Zucker-Lösung für den Schnuller. Starten Sie damit bereits zwei bis fünf Minuten vor der Intervention. Das Nuckeln wirkt nachweislich beruhigend und schmerzreduzierend.
Klein- und Vorschulkinder (1-5 Jahre)
Lassen Sie ihr Kind auf ihrem Schoß, einem Stuhl oder der Behandlungsliege Platz nehmen. Seien Sie nah bei Ihrem Kind, nehmen Sie es in den Arm, falls das zur Beruhigung beiträgt.
Schulkinder (6-12 Jahre)
Schulkinder brauchen das Gefühl der Kontrolle. Informieren Sie sie altersgerecht und geben ihnen Wahlmöglichkeiten. Fragen Sie ihr Kind, wie es unterstützt werden möchte: Möchte es auf Ihrem Schoß oder alleine sitzen? Auf dem Stuhl oder der Liege? Bleiben Sie in der Nähe ihres Kindes und strahlen Sie Ruhe aus.
Teenager (13-18 Jahre)
Teenager sollten über die Blutentnahme aufgeklärt werden und selbst mitbestimmen, wie sie sich bei der Blutentnahme am wohlsten fühlen. Fragen Sie auch ihren Teenager, ob er sich mehr Nähe wünscht.
4. Fokus
Die Aufmerksamkeit lenken
Kennst du das auch? Manchmal bist du so in deinen Gedanken versunken, weil du gerade etwas spielst oder am Handy bist, dass du Mama erst beim dritten Mal rufen hörst. Wäre das nicht genial, wenn du beim Blutabnehmen mit deinem Kopf auch irgendwo anders wärst?
Wir entscheiden, was wir wahrnehmen und spüren, indem wir uns darauf konzentrieren. Es gibt verschiedene Möglichkeiten unsere Aufmerksamkeit zu lenken. Lenken wir unseren Fokus auf ein Buch, ein Tablet, ein Handy anstatt auf die Blutentnahme, reduzieren wir den wahrgenommenen Schmerz. Nutzen wir unsere Vorstellungskraft und Phantasie, können wir in unserer Vorstellung woanders sein. Gehen wir in unserer Vorstellung auch noch an einen "Guten Ort", an dem wir alles haben, was uns gerade gut tun würde - Ruhe, Gelassenheit, Schutz - können diese Gefühle aktiviert werden und uns unterstützen.
Geführte Ablenkung
Altersgerechte Ablenkung ist eine etablierte Technik bei akuten Schmerzen. Sie ist wissenschaftlich durch Studien sehr gut belegt und lässt sich einfach umsetzen. Bringen Sie zum Termin ein spannendes Buch oder ein Tablet mit, oder fragen Sie das Personal nach passenden Ablenkungsmöglichkeiten. Tauchen Sie als Eltern mit ein und unterstützen Sie ihr Kind indem Sie aktiv auf die Ablenkung eingehen z.B. Fragen zum Buch, Spiel etc. stellen. Ihr Kind wird ihrem Fokus folgen und mit Ihnen gemeinsam z.B. ein Buch anschauen, während sie die Blutabnahme vertrauensvoll in die Hände des medizinischen Personals legen. Wenn ihr Kind die Kontrolle braucht, kann es jederzeit auch hinsehen.
Geführte Imagination
Gezielt eingesetzte Fragen wie: "Weißt du noch in den Ferien als du so gelacht hast und wir ..." oder "Sag mal, wo wärst du denn jetzt eigentlich gerne?" regen das Kind an, sich in seiner Vorstellung an Erinnerungen und Orte zu begeben, an denen es sich entspannt und geborgen fühlt. Je fülliger diese Orte mit allen Sinnen beschrieben werden (Sehen, Fühlen, Riechen, Schmecken, Hören), desto intensiver reagiert der Körper auf diese Vorstellungen und entspannt auch im Hier und Jetzt.
5. Brummel
Den Reiz austricksen
Dein Gehirn tut sich schwer, mehrere Reize gleichzeitig zu verarbeiten. Durch die Vibration und die Kühle des Brummel nimmst du alle anderen Reize kaum mehr wahr...
Die Brummel z.B. der BUZZY® ist ein Medizinprodukt in Form einer vibrierenden Biene (Käfer) mit Kältetaschen als Flügel. Es kann bei kleinen Prozeduren angewandt werden wie z.B. dem Fingerpieks, einer Impfung oder eben bei der Blutentnahme. Das Konzept beruht auf der sogenannten "Gate-Control-Theorie". Diese besagt, dass das Gehirn sich schwer tut, mehrere Reize gleichzeitig zu verarbeiten. Durch die Vibration und die Kälte werden zwei Reize gesetzt, die gegen den dritten - den Schmerzreiz - konkurrieren. So kommt dieser nur vermindert im Gehirn an. Unsere Wahrnehmung wird somit sehr elegant ausgetrickst.
Gib mir ... mehr als Fünf!
Nie wieder kraftvoll festhalten
Haben Kinder bereits negative Erfahrungen bei der Blutentnahme oder mit Spritzen im Allgemeinem gemacht, ist eine besondere Herangehensweise erforderlich. Hierfür haben wir einen Drei-Stufen-Plan entwickelt.
Stufe 1: Wir schulen unsere Mitarbeiter in der Anwendung der "Gib mir Fünf" Punkte. Erinnern Sie gerne unser Personal daran, sollte es an etwas nicht gedacht haben.
Stufe 2: Für zusätzliche Unterstützung kann das Kinderschmerzteam und speziell geschultes Personal aus der Kinderklinik angefordert werden. Bei Bedarf ist eine einfache Sedierung mit Lachgas (Livopan®) möglich.
Stufe 3: Durch eine enge Kooperation mit der Anästhesie können in besonderen Fällen Blutentnahmen und Tropfanlagen in Kurznarkose erfolgen.
Je nach Dringlichkeit kann es in manchen Situationen hilfreich sein, die Blutentnahme abzubrechen und nach einer individuellen Vorbereitung einen neuen Termin zu planen.
Unser Ziel ist es, Kinder nicht mehr kraftvoll festzuhalten.
Informationen für medizinisches Personal und Studierende
Das Wissen teilen
Sie sind an unserem Konzept interessiert und wollen es auch in Ihrer Klinik oder Praxis umsetzten, dann kontaktieren Sie uns gerne. Sie erhalten Infomaterial in Form eines Manuals mit Videoschulung sowie eine Liste mit Anregungen für das Zusammenstellen einer eigenen Ablenkungskiste.
Das Hauner KinderSchmerzteam
Wir! Erfolgreich gegen Schmerzen
Das Hauner KinderSchmerzteam ist auch in vielen anderen Bereichen tätig. Unser Ziel ist es Kindern mit akuten und chronischen Schmerzen in unserer Klinik die bestmöglichste, individuelle Schmerztherapie anzubieten. Als interdisziplinäres Team aus Ärzten, Psychologen, Therapeuten und Pflegekräften verwenden wir neben optimierten medikamentösen Therapien ergänzend auch verschiedene nicht-medikamentöse, ganzheitliche Verfahren, wie zum Beispiel Akupunktur/-pressur, TENS, Ablenkungsstrategien, Imaginationsverfahren, klinische Hypnose, Kunsttherapie und körpertherapeutische Verfahren. Außerdem bieten wir in unserer Klinik Kinderyoga an und haben einen mobilen Snoezelenwagen.
Unsere Arbeit und die Vision - "Die bestmögliche Schmerztherapie für Kinder" - ist bisher noch kein Standard an deutschen Kinderkliniken, und wird als Vorreiterprojekt vorwiegend über Spendengelder finanziert. Wir arbeiten an der Etablierung medikamentöser Standards integriert mit einer interdisziplinäre und ganzheitliche Therapie für akute und chronische Schmerzen bei Kindern auf dem Boden universitärer Maßstäbe. Bis diese Therapien im Gesundheitssystem vergütet werden, sind wir auf die Unterstützung durch Spenden und starke Partner angewiesen. Gerne dürfen auch Sie uns unterstützen:
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